Schweden 06

Nach den Ausflügen nach Ungarn und in die Tschechische Republik in den letzten beiden Jahren, hatte ich mir für den "großen Ausflug 2006" den Norden ins Visier genommen. Schweden sollte es sein, und wieder das verlängerte Fronleichnamwochenende. Die Vorbereitungen für so eine Aktion beginnen immer schon 4-6 Wochen vorher mit der Reservierung des Flugzeugs in der Buchungsliste und dem Bestellen des notwendigen Kartenmaterials und des Tripkits.

 

Natürlich stieg die Vorfreude immens, als die Unterlagen geliefert wurden. Der Abend wurde sofort genutzt und geeignete Ziele, sprich Flugplätze, in Betracht genommen. Dabei wurden natürlich auch die Tipps, die ich von Rolf Büse und Alfred Schreiber erhalten hatte, die eine ähnliche Tour vor ein paar Jahren unternommen hatten, berücksichtigt.

Über die nächsten Tage kristallisierte sich dann die vorgesehene Route so langsam heraus. Einige der selbst gestellten Vorgaben, die es zu berücksichtigen galt waren Verfügbarkeit von Sprit, Zollflugplätze, Nähe des Flugplatzes zur nächsten Ortschaft (zwecks Übernachtung und Einkaufsmöglichkeiten), flugrechtliche Vorgaben wie Kontrollzonen etc., Navigationshilfen (VORs), und nicht zu vergessen den Spaßfaktor, d.h. Sightseeing. Ferner wollte ich die freie Strecke übers Meer nicht zu lange wählen, um mir die Schwimmwesten zu sparen.

 

Der Plan war also folgender:

1. Tag:    EDTP – Kassel-Calden (mit Airshampoo freie Landung) – Lübeck – Puttgaden (Vogelfluglinie) – Lolland(DK) – Seeland(DK) – Höganäs (S)

2. Tag:    Höganäs – Varberg – Visingsö – Borglanda – irgendwo bei Malmö

3. Tag:    Reserve

4. Tag:    Malmö – Lübeck – Marburg – EDTP

 

Es hat sich in den letzten beiden Jahren als gut erwiesen in die Planung genug Reserve aufzunehmen, da immer mal etwas dazwischenkommen kann (meist das Wetter, aber auch technische Probleme gab's schon).

Einen Punkt, den man auch berücksichtigen muss ist darauf zu achten, dass das Flugzeug noch genügend Stunden bis zur nächsten Wartung hat. Schließlich wollten wir ja ca. 20h fliegen.

 

An den Tagen / Abenden bevor's dann endlich losgehen sollte, musste natürlich die Feinplanung und die Flugvorbereitung erfolgen. Im Tripkit für Dänemark und Schweden nachschauen, wie die Luftraumstruktur dort ist, wann hat man sich wo zu melden hat, wann benötigt man einen Flugplan usw. Für die Frage des Zolls gab es dort leider keine genaue Auskunft und auch ein Anruf bei der individuellen Flugvorbereitung half nicht wirklich ("Ich glaube, man muss einen Zollflugplatz anfliegen. Ach was, schreiben Sie sicherheitshalber in den Flugplan "customs required", das wird schon reichen"). Zwischenzeitlich weiß ich, dass man für beide Länder keinen Zoll mehr benötigt, da sie beide im Schengen Abkommen sind.

Also los, dann Strich auf die Karte, Kurse bestimmen, Spritberechnungen, Frequenzen rausschreiben und alles was sonst so dazu gehört. Von Deutschland her ist man ja gewohnt, dass man überall "freie Bahn" hat, und nur um die großen Verkehrsflughäfen gibt es Luftraum C, D, Dctr, und manchmal noch die TMZ. In Dänemark ist das ähnlich, wobei es den "Delta" über dem "Charly" nicht gibt, d.h. in meinem Fall Koppenhagen weiträumig umfliegen. In Schweden hingegen sind weite Teile des Südens TMAs, die in Deutschland ja zwischenzeitlich abgeschafft sind. Diese sind zwar unproblematisch zu durchfliegen, aber man benötigt ständigen Kontakt mit der zuständigen Flugsicherungsstelle. Also auch diese Frequenzen rausschreiben, damit mit man alles schnell parat hat, wenn es benötigt wird. Insgesamt erforderte dieser Teil mehr als einen Tag Aufwand, aber es machte auch riesigen Spaß und man macht sich mit den Gegebenheiten der Strecke vertraut.

 

Zum Abschluss der Vorbereitungen noch ein paar Einkäufe (vor allem genug zu trinken), die notwendige Fremdwährung und Organisieren eines Flugleiters, da wir ja morgens früh starten wollten. Die Wettervorhersage für die gesamte Zeit war eigentlich recht gut, es sollte nur einzelne Gewitter geben, die man ja gut umfliegen kann. Der Anruf beim DWD am Abend vor dem Abflug ergab allerdings, dass wir im Raum Kassel mit einer Gewitterfront zu rechnen hätten und man empfahl uns weiter östlich zu fliegen – über Erfurt und notfalls über Magdeburg, aber spätestens an der Küste könne ich wieder zurück auf den geplanten Kurs über Lübeck. Also den ersten Teil nochmals umplanen, was aber sehr schnell erledigt war, da ich ja die Karten zuvor schon gründlich studiert hatte.

 

Als der Wecker um 6.00 Uhr klingelte war ich bereits wach. Nun vielleicht war ich ja doch ein wenig angespannt vor der Tour. Auch mein Sohn Markus, der mich auf diesem Flug begleitete war bereits fit. Um 7.00 Uhr waren wir dann am Flugplatz, Flieger raus, letzter Check und im ½ 8 waren wir startklar. Werner, der bereits seit kurz nach 5 am Mähen war, lies uns starten. Um diese Zeit ist die Luft noch absolut ruhig, so dass das Fliegen gleich von Beginn an die pure Lust ist und die Anspannung der Vorbereitung von einem abfällt.

 

Zunächst ging es auf wohl bekanntem Terrain zum VOR Dinkelsbühl, von dort weiter Richtung VOR Erfurt. Später haben wir dann Kontakt mit Langen Information aufgenommen, da die Station so früh morgens noch nicht besetzt ist. Wir haben uns gleich in Englisch gemeldet, um einfach in besser in die Phraseologie zu kommen. Hier kann man notfalls auch mal ins Deutsche überschwenken, falls irgendwas nicht klappt. Aber es funktionierte problemlos.

 

Der Verkehsflughafen Erfurt erwies sich dann doch größer als erwartet. Nach der Landung wurde uns gesagt, wir sollen am Taxiway stehen bleiben und auf das Follow-me Fahrzeug warten. Wir kamen uns vor, wie die "Großen". Immerhin waren wir auch nach einer Boeing 737 das Flugzeug mit der 2.-größten Spannweite am Platz. Nach der Einweisung wurden wir zur Luftleitstelle gefahren. Unsere Befürchtungen bzgl. der Landegebühr erfüllten sich nicht ganz. In den 7.89€ (dem Soli sei Dank) war dann auch Wetterinformation und Internet enthalten. Erst später kam eine Rechnung der DFS für die "Vorfeldaktivitäten", aber das hatte uns dort keiner gesagt.

Die Wetterprognose bis Lübeck war o.k. und so konnte es schon eine Stunde später weitergehen.

 

Der Flug nach Lübeck war ohne besondere Vorkommnisse, und Hindernisse gibt es do hoch dann ja auch keine mehr (alles flach). In Lübeck kostete die Landung schon 9€, aber dafür hätten wir dann auch für die Aufgabe des Flugplans und für Wetterinformation noch eine Zusatzgebühr bezahlen sollen. Zum Glück war der Computer, der wohl als einziger die neuen Tarife kannte, gerade defekt, so dass uns dieser zusätzliche Obolus erspart blieb.

 

Gegen ½ 3 zeigten sich dann die ersten Gewitterwolken im Südwesten, aber die Vorhersage für Dänemark und Schweden waren nicht schlecht. Über Süddänemark Wolken in 3000ft bis 5000 ft hoch, scattered, im Norden ganz frei. Sollte also kein Problem sein und der Flug übers Meer konnte in Angriff genommen werden. Der Flugplan war auch für diesen Zeitpunkt aufgegeben und so ging es entlang der Ostseeküste nach Fehmarn, und über Puttgarden hatten wir genug Höhe für die Überquerung entlang der Vogelfluglinie. Man konnte hier bereits die Insel Lolland sehen. Es war also fast wie von Meersburg nach Konstanz, nur dass die Fähren unter uns deutlich größer waren. Die Skepsis vor meinem ersten "Meeresflug" war also unbegründet gewesen.

 

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Und drüben sah man auch schon die angekündigten Wolken direkt entlang der Küstenlinie. Die Frage war nun drüber oder drunter? Nochmals ein schneller Blick auf die Karte – kein Hindernis höher als 1000ft, also drunter, um die Landschaft genießen zu können. Von Bremen Information hatten wir uns schon vor Fehmarn verabschiedet, deshalb riefen wir nun Kopenhagen Information und teilten ihnen unser Vorhaben mit. Eine freundliche weibliche Stimme gab ihr o.k. Wir wollten über den Flugplatz Maribo, dann Richtung VOR Codan und Korsa (Kopenhagen und Roskilde umfliegend) zum VOR Nora, von wo aus man eigentlich schon Schweden sehen müsste. Doch die Wolkenunterkante erwies sich dann doch niedriger als erwartet. Oberhalb 1500ft ging gar nichts mehr (ich hatte mir "scattered" ganz anders vorgestellt) und auch darunter war die Sicht nicht berauschend, nur so ca. 3km Sicht. wir fanden dann auch Maribo und von dort Kurs 85°. Aber die Sicht wurde schlechter und ich musste weiter sinken. Da meldet sich Kopenhagen, sie würden uns nicht mehr auf dem RADAR sehen. Ich teilte der freundlichen Stimme mit, dass das wohl daher komme, dass wir zwischenzeitlich auf 1000ft sinken mussten. Auf meine Frage, ob sie wisse, ob die Sicht bald besser würde, meinte sie nur, dass die Wetterbedingungen über Süddänemark schlecht seinen. Ich meinte nur, das könne ich bestätigen. Also flogen wir erst mal einen 2 Minutenkreis um kurz zu beratschlagen was wir tun. Weiter? – nein, war uns zu heikel, auch wenn es in Dänemark keine Hindernisse gibt. Zurück nach Maribo und auf besseres Wetter warten? – nur wenn's anders nicht funktioniert. So blieb nur der Weg über die Wolken, sofern man im Norden wirklich wieder runter kommt. Nochmals die Frage an Kopenhagen, ob es dort wirklich offen ist, was uns (nicht ganz überzeugend) bestätigt wurde. Also zurück übers offene Meer, hochgestiegen (da meldet Kopenhagen, dass sie uns auch wieder auf dem RADAR haben) und wieder auf Kurs. Nach nochmaligem Check der Spritsituation setzten wir uns einen Punkt, wo wir umdrehen würden, falls sich noch keine Lücken in den Wolken auftun würden.

 

In 4000ft war alles frei und der Flug war absolut ruhig und nach 40 Minuten taten sich auch die ersten Löcher unter uns auf. Wir stiegen also wieder ab, da die Sicht auch unterhalb der Wolken wieder deutlich besser war und an der Nordküste Seelands war wieder alles bestens. Bald sah man Schweden und unser erstes Etappenziel lag ja gleich jenseits des Kattegatt. Nochmals kurz von Kopenhagen nach Malmö Information wechseln, die uns aber gleich darauf wieder für den Anflug auf Höganäs entließen.

 

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Der Funkruf nach Höganäs mit der Meldung "5 Minuten westlich des Platzes" blieb wie erwartet unbeantwortet. Da das von Deutschland her so ungewohnt ist, lieber nochmals fragen. Aber es kommt wirklich nichts zurück. Also dann mal weiter dem Platz nähern, um die Landerichtung zu ermitteln. Außer dem Windsack war noch ein Lande-T zu erkennen, das irgendwie zwischen der Richtung 14 und 24 stand. Wir entschieden uns für die 24 und meldeten uns im Gegenanflug, Queranflug und im Endteil – und plötzlich waren wir auf schwedischem Boden. Wir rollten zum Abstellplatz und klatschten uns ab. Ein tolles Gefühl. Schnell noch den Flugplan schließen, bevor es vor lauter Euphorie vergessen wird.

 

Im Vereinsheim trafen wir den "Verwalter". Er sprach ganz gut deutsch und so hatten wir das mit dem Zimmer schnell geregelt. Es gibt dort 5 Zimmer mit 2-3 Betten, die der Verein zu einem günstigen Preis den fremden Piloten zur Verfügung stellt. Im Gemeinschaftsraum gibt es einen Fernseher (während der Fußball WM besonders wichtig), die Benutzung der Küche ist möglich, dort gibt es einen Kühlschrank mit Speiseeis und selbstverständlich gibt es auch einen Getränkekühlschrank. Es sind Kassen aufgestellt, in die man einfach den angeschriebenen Betrag legt. Hier herrscht noch Vertrauen, und offensichtlich wurde es bisher auch nicht enttäuscht.

Wir wurden sofort freundlich aufgenommen.

Mit den Piloten dort kam man sehr schnell ins Gespräch. Jeder sprach entweder englisch oder deutsch. Und unter Piloten gibt's natürlich immer was zu erzählen. Als wir erzählten, dass wir vom Bodensee kommen, war gleich die Aero ein Thema, denn einige Vereinskameraden fliegen alle 2 Jahre nach Friedrichshafen zur Messe.

 

Aus den Fachsimpeleien über die unterschiedlichen Vorschriften in den jeweiligen Ländern erhält man schon einige Tipps. So erfuhren wir, dass der Sprechfunkverkehr üblicherweise in schwedisch durchgeführt wird, aber sobald sich irgendjemand auf englisch meldet schalten alle auf englisch um, so dass sicher gestellt ist, dass alle die Positionsmeldungen verstehen.

 

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Nachdem wir uns beim ersten Fußballspiel des Tages etwas entspannt hatten, wollten wir uns auf den nächsten Tag einstimmen. Im großzügig bemessenen Flugvorbereitungsraum haben wir die letzten Details der Route festgelegt zumal die Wettervorhersage perfekt war. Flugplanzwang gibt es in Schweden nicht, trotzdem geben die meisten Piloten bei Überlandflüge dort einen Flugplan auf.

Dann ließen wir nochmals die Flüge des Tages Revue passieren. Vor allem schauten wir uns nochmals die Wetterinformationen aus Lübeck an und versuchten sie mit dem über Dänemark erflogenen Wetter in Einklang zu bringen. Wir kamen zu dem Schluss, dass der Spread zwischen realer Temperatur und Taupunkt von nur 2° wohl die Ursache für die schlechte Sicht war. Solche Dinge hat man zwar in der Wetterkunde gehört, aber so richtig verstehen tut man es wohl erst, wenn man es mal "erflogen" hat. Das nächste Mal ist man sicher schlauer.

 

Vor dem Nachtessen haben wir noch schnell den Flieger aufgetankt. Bei den Preisen macht das fast noch Spaß. Der Spaziergang ins Städtchen dauert nur kurz, denn nach kaum 100m hat uns einer der Piloten in seinem Auto mitgenommen und uns dann im Hafen vor einem Restaurant abgesetzt. Beim Essen hatten wir nicht viel Ruhe, da das Spiel Schweden - Paraguay auf einer Großbildleinwand lief. Zur Halbzeit traten wir dann den Heimweg an und kurz vor Spielende waren wir zurück. Kaum zu glauben, aber um diese Zeit wurde immer noch geflogen – und es waren immer noch keine Nachtflugbedingungen, obwohl es bereits 22.30 Uhr war.

 

Wir schliefen trotzdem bald ein, obwohl es draußen auch um 23.15 Uhr noch nicht richtig dunkel war.

 

Am nächsten Morgen wurde nach dem Duschen gefrühstückt, nochmals das Wetter abgefragt und dann konnte es bald losgehen. Flugleiter braucht man ja nicht. Wir waren sehr gespannt, wie das wohl klappen würde mit den vielen unterschiedlichen Lufträumen, TMAs Kontrollzonen etc. Aber es stellte sich sehr schnell heraus, dass das alles kein Problem war. Die schwedische Flugkontrolle war sehr gut zu verstehen (wir anscheinend auch) und außer an den Übergabestellen zu den nächsten Lufträumen, wollte niemand etwas von uns. Im Gegenteil, wenn wir uns meldeten, weil wir zu Sightseeingzwecken von unserer Route abwichen, war das wohl eher lästig.

 

Der Flug führte uns an Küste entlang über Ängelholm, Halmstad nach Varberg. Ein wunderschöner Anblick, links die Ostsee und rechts die schwedische Wald- und Seenlandschaft. Über Varberg änderten wir den Kurs Richtung Jöngköping . Unterwegs machten wir noch einen Abstecher nach Swenljunga, wo meine anderen beiden Kinder im Jahr zuvor mit der Musikschule zu Besuch waren. In dieser Gegend sieht man auch bei so herrlichem Wetter und so guter Sicht wie wir es erlebten nichts als Wald und Seen. Nur ganz vereinzelt gibt es einige Lücken mit Wiesen, die sich gegebenenfalls als Notlandeplatz eignen würden. Aber unsere Hotel-Bravo lies uns nie im Stich.

 

Jöngköping liegt am südlichen Ende des Vättern, eines sehr langen schmalen Sees. Darin liegt die Insel Visingsö, die an ihrem nördlichen Ende einen Flugplatz hat. Beim Anflug empfiehlt es sich entweder zuerst den Platz im Tiefflug zu überfliegen, oder zumindest sehr genau Ausschau zuhalten, ob sich nicht irgendwelche Golfspieler auf der Landebahn befinden. Wir hatten bereits in Höganäs, dass sich dort der Golfplatz direkt neben der Landbahn befindet, aber hier geht er direkt in bis in den Platz. Die Platzrunde verläuft über den See, im Endteil wird noch ein kleiner Leuchtturm überflogen und an der Schwelle aufsetzen, denn am Ende der Bahn beginnt bereits wieder der See. Der Platz liegt wunderschön, aber wie üblich ist hier unter der Woche niemand da (außer den Golfern). Die Landegebühr wird in eine Tüte gesteckt und das Kennzeichen notiert.

 

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Ein kleiner Spaziergang zum See und ein bisschen Ausruhen am Ufer – das ist Urlaub vom Feinsten. Nach 1½ Stunden ging's wieder weiter. Das nächste Ziel war die Insel Öland in der Ostsee, östlich vom schwedischen Festland. Der Flug dorthin war ruhig. Nur über Hultsfred ist uns ein anderes Flugzeug, das einen Fotoflug machte, bedrohlich nahe gekommen. Trotz Hinweis von Malmö Control und deutlichem Abdrehen unsererseits hatte er uns nicht gesehen. Er war wohl zu sehr auf seine Fotos konzentriert. Wir waren heilfroh, dass uns Malmö auf die drohende Gefahr hingewiesen hatte. Und als wir meldeten "we just passed traffic" war auch von Malmö ein erleichtertes "Thank you" zu hören. Der Fotoflieger hatte uns immer noch nicht gesehen.

 

Einige Zeit später kamen wir an die Schärenküste Ostschwedens. Und bei so guter Sicht konnte man bereits vom Festland aus die Insel sehen. Wieder ging es übers Meer, aber dieses Mal war kein so mulmiges Gefühl mehr im Bauch.

 

Wir erreichten die Insel fast an ihrer Nordspitze und flogen in südlicher Richtung bis zur Ortschaft Sandvig, die uns in Höganäs empfohlen war, da sich direkt neben der dortigen Landebahn die größte drehbare Windmühle Nordeuropas befindet. Zusätzlich ist dort aber auf der anderen Seite auch noch ein Windgenerator, vor dem gemäß Anflugblatt noch eingekurvt werden muss. Alles etwas eng, aber trotz sehr kurzem Endteil hat der Anflug gepasst. Bei der Landung stellten wir fest, dass das auch absolut notwendig war, denn die Landebahn war nicht sehr breit. Bei einem Motorsegler mit 18m Spannweite bleibt da nicht mehr viel Platz. Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Landreiter aus stabilem GFK ca. 70cm hoch sind.

 

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Auch auf diesem Platz war niemand. Wir konnten nicht einmal einen Kasten für die Landegebühr finden. Da aber die Bahn direkt neben dem Ort liegt – die ersten Häuser waren keine 50m weg – kam auch gleich jemand her, sprach uns an, wo wir herkämen usw. Nach etwas Smalltalk besuchten wir dann die Mühle und nach einer Pizza traten wir den Weiterflug an. Die Maschine schön mittig ausrichten – zum Glück kam der Wind direkt auf die Schnauze – und Gas rein. Nach Süden hin gab es keine Hindernisse (Mühlen u.ä.) und wir traten unseren kurzen Flug nach Borglanda an. Dort wollten wir tanken und evtl. übernachten. Beim Anflug gilt es darauf zu achten nicht die Sperrzone über dem königlichen Schloss zu verletzen, obwohl Königs wohl gerade nicht da sondern in ihrem Stockholmer Palast waren.

 

Dieser Platz war deutlich breiter, aber genauso leer. Es stand zwar auch ein großer Tank in der Sonne, aber weit und breit kein Mensch, der uns hätte Sprit verkaufen können. Am Vereinsheim gab es ein kostenloses öffentliches Telefon, aber keine Telefonnummer, wer für die Betankung zuständig wäre. Da auch keine Taxinummer vorhanden war und der Platz doch weiter vom Dorf entfernt war, als wir vermutet hatten, entschlossen wir uns wieder aufs Festland zu fliegen, da ca. 40km entfernt der Verkehrsflugplatz von Kalmar liegt, auf dem wir sicher Sprit bekommen würden.

 

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In Kalmar gab es bezüglich Landebahnbreite auch keine Zweifel. Bei dieser Art Plätze muss man sich immer nur darauf konzentrieren eine lange Landung zu machen. Doch auch wenn man bei der Halbbahnmarkierung aufsetzt bleibt immer noch viel Rollweg. Dem Tower haben wir dann gleich gemeldet, dass wir tanken möchten. Er gab uns entsprechende Rollanweisung und meinte nur, dass wir etwas warten müssten, bis die Boeing 737 (übrigens das einzige Flugzeug am Platz außer uns)  abgefertigt sei. Wir folgten der Anweisung und warteten an der Tankstelle. Dann wurde uns auch des Rätsels Lösung klar, weshalb wir auf die 737 warten mussten. Der Tankwart war gleichzeitig der Gepäckverlader und er kam mit seinem Trecker und 6 Gepäckanhängern zu uns hergefahren. Wir meinten nur, das sei etwas übertrieben für unser 2 Stück Handgepäck.

 

Da es direkt am Flugplatz keine Übernachtungsmöglichkeit gab, und wir keine Lust hatten uns in der Stadt etwas zu suchen, entschieden wir nach kurzer Diskussion zurück nach Höganäs zu fliegen und dort nochmals zu übernachten. Bei Sunset kurz vor 23.00 Uhr kein Problem.

 

In Höganäs war sogar noch jemand da, der unser Flugzeug abends noch tankte. Blieb noch die Frage, wohin es am nächsten Tag gehen sollte. Die Wettervorhersage für Samstag und Sonntag auf der ganzen Strecke war gut - außer über Süddänemark (ich glaube dort werde ich nie Urlaub machen). So beschlossen wir eine Route über Norddänemark, die Insel Fünen mit der Stadt Odense, Billund nach Flensburg. Die Flugplanung wurde ausgearbeitet und der Flugplan vorbereitet. Dann waren wir hundemüde und fielen ins Bett.

 

Am Morgen holte ich per Fahrrad (kann man am Flugplatz leihen) frische Brötchen und nach dem ausgiebigen Frühstück waren wir fit für den Tag. Die neuesten Wettervorhersagen hörten sich allerdings nicht mehr ganz so gut an wie am Vortag. Aber wie sagt Fliegerkollege Alfred immer: "Wetter muss man erfliegen". Also gaben wir den vorbereiteten Flugplan auf und starteten. Zunächst war das Wetter noch gut, aber je näher wir der Westküste Seelands kamen, umso schlechter wurde die Sicht. Wir informierten Kopenhagen darüber, dass wir entgegen unserer Planung nach Süden abdrehen würden um zu versuchen entland der Autobrücke den Großen Belt zu überqueren. Als wir allerdings dort ankamen war an einen Flug Richtung Westen nicht zu denken. Wir schauten auf die Karte und fanden den Flugplatz Ringstedt in der Nähe. Warum nicht dort landen und das weitere Wetter abwarten. Wieder ein Funkruf an Kopenhagen, dass wir unseren Flugplan wetterbedingt ändern müssen und in Ringstedt landen wollen. "Wisst ihr überhaupt, wo Ringstedt liegt?" kam als Antwort. "Ja, Richtung Osten, 15nm". "Das ist o.k., Flugplan wird entsprechend geändert." Beim Wechsel der Frequenz auf Ringstedt wurden wir nochmals daran erinnert (welch ein Service) den Flugplan nach der Landung zu schließen, aber auf Nachfrage konnte das gleich über Funk erledigt werden, da ja "die Landung gesichert ist" wie es so schön auf amtsdeutsch (amtsdänisch?) heißt.

 

Am Flugplatz Ringstedt war Betrieb, aber trotzdem reagierte auch hier niemand auf unseren Funkruf. Also wie gehabt Blindmeldung, nach Blick auf den Windsack Landrichtung festgelegt und runter.

 

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Die Leute hier waren ebenso freundlich wie in Schweden. Auch hier waren einige Vereinsmitglieder bereits in Friedrichshafen gewesen. Ein Pilot hatte vor im Sommer noch Elba zu fliegen und suchte noch nach ein paar Tipps, wo er am besten die Alpen überqueren konnte. Bei einem Kaffee hingen wir über meinen ICAO-Karten Stuttgart und München.

 

Der Blick auf das Wetter verhieß nichts Gutes. Wird werden wohl noch Besuch von ein paar Cb bekommen, meinte einer der einheimischen Piloten und er rechne nicht mit einer Besserung vor dem Abend. Ein Anruf beim Wetterdienst bestätigte dies, versprach aber für den nächsten morgen bereits gutes Flugwetter. Darauf hin entschieden wir uns die Nacht in Ringstedt zu verbringen. Die Fliegerkollegen boten sich gleich an uns in die Stadt zu fahren, entweder zu einem Hotel, oder in die Jugendherberge. Da wir unser Geld lieber fürs Fliegen ausgeben als fürs Schlafen entschieden wir uns für die Jugendherberge. Offiziell sei ein Start ab 7.00 Uhr morgens möglich, teilte man uns noch am Flugplatz mit, aber wenn wir früher abfliegen, mache das auch nichts. Nun ja, 7 reicht ja wirklich.

 

Wir quartierten uns ein und orderten auch gleich ein Taxi für ½7. Solange das Wetter noch hielt machten wir den alten Stadtkern von Ringstedt, und als es dann zum Regnen kam nutzen wir die Zeit für die Vorbereitung des Fluges am nächsten Tag. Der Flugplan wurde auch gleich aufgegeben.

 

Das Taxi war pünktlich und so schafften wir es um kurz nach 7 in der Luft zu sein. Zu erwähnen bleibt noch, dass die Ringstedter Flieger ihr Vereinsheim unverschlossen ließen, so dass morgens noch die Möglichkeit hatten von dort aus den Wetterdienst anzurufen. Die Vorhersage war klar: schlechte Sicht über Süddänemark (wen wundert's), aber ab Deutschland bis nach Pfullendorf alles bestens.

 

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Als wir uns nach dem Start bei Kopenhagen zwecks Öffnung des Flugplans meldeten, haben wir die vermutlich aufgeschreckt. Zumindest schien man verwundert, dass da schon einer etwas von ihnen will. Wir erklärten unsere Absicht und nahmen Kurs auf. Nach ca. 20km wieder dasselbe wie beim Hinflug: die Sicht wurde schlechter und wir entschieden uns gleich über die Wolken zu steigen. Dies teilten wir auch Kopenhagen mit. Als wir aber nach 5 Minuten noch nicht auf den angekündigten 7000ft waren, wollte er wissen, was wir tun, und ob wir nicht mehr so hoch hinaus wollten. Unsere Aussage, dass wir nur ein Motorsegler sind und daher nicht so schnell steigen können nahm er nur mit einem süffisanten "o.k." entgegen.

 

Als wir genügend Höhe über der Wolkenschicht hatten, gingen wir wieder auf Kurs, flogen unsere Route entlang der dänischen VORs. Es war ein Traum über den Wolken. Die tiefstehende Sonne warf sogar einen Schatten auf die "Watte" unter uns, der von einem regenbogenfarbigem Ring (Halo) umgeben war.  Wie versprochen machte es über dem Meer auf und unten war wieder die Insel Fehmarn zu sehen. Nur noch lockere Dunstschleier und Wolkenfetzen waren zu sehen, die aber genau entlang der Elbe schlagartig auch verschwanden.

 

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Unser erstes Ziel in Deutschland war Kassel, das wir ja auf dem Hinflug nicht anfliegen konnten, und ich wollte doch unbedingt meine Freilandung aus meinem Airshampooheftchen einlösen. Nach der angenehmen Sommerkühle im Norden traf uns die heimische Hitze dort wieder heftig. Und der Asphalt des Flugplatzes verstärkt dies noch weiter. So hielten wir uns in Kassel nicht allzu lange auf und nach dem Tanken und einem Kaffee machten wir uns auf zur letzten Etappe unseres Trips. Auf dem Weg nach Pfullendorf lagen noch die beiden Großflughäfen Frankfurt und Stuttgart.

 

Bei dem ersten der beiden gibt es kaum eine Chance durch den kontrollierten Luftraum zu fliegen. Hier heißt es außen herum, aber zum Abschluss wollten wir wenigstens den Stuttgarter Platz noch überfliegen. Der Durchflug durch die Kontrollzone wurde uns auch genehmigt und nach Verlassen derselben richtete sich unser Blick auf die vertrauten Gefilde der Alb. Und bald war das Donautal zu sehen und kurz darauf der Funkmast in der Kaserne neben dem Pfullendorfer Platz.

 

Noch die 123.25 am Funk eingestellt und schon war Anne's vertraute Stimme zu hören. Man war wieder zu Hause.

 

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Nach der Landung fiel das Ausladen und das Fliegerputzen schon etwas schwer. Schließlich war unser Trip zu Ende, der uns 4 wunderschöne Tage und ca. 20 Flugstunden beschert hatte. Doch als dann die Kollegen kamen und wir beim Erzählen quasi alles nochmals erlebten blühten wir sofort wieder auf. Es war ein toller gemeinsames Erlebnis, an das wir uns sicher noch sehr lange erinnern werden. Und eines ist sicher, wenn nichts dazwischenkommt werden wir nächstes Jahr wieder zu einem ähnlichen Trip aufbrechen. Vielleicht auch mit mehreren Flugzeugen, wenn sich ein paar Vereinskameraden beteiligen möchten.